Die Berichte

32 | Cartagena (15.12.2007) nach Panama (22.12.2006)

Am Freitag legen wir ab. Ab von Südamerika, nehmen Abschied von einem Kontinent, der uns so viele Erlebnisse, Zeit und Eindrücke schenkte. Das einzig bedrohliche Erlebnis, das ausgerechnet am Ablegeort passierte, lassen wir dort in der einsamen, kleinen Strasse, die überall auf der Welt hätte liegen können. Wir nehmen Gespräche, Farben, Eindrücke, Düfte und all das Unglaubliche, was die letzten 11 Monate füllte, mit.

Wir wählen ein Segelboot, in der Hoffnung, etwas Segeln zu können. Der Wind bleibt aus und die Überfahrt dauert 9 anstatt 5 Tage. Lange Tage und noch längere Nächte. Der Wellengang ist hoch und der Wind, selbst auf offener See dürftig. Ich leide und uebergebe mich unentwegt! Wir sind fünf Personen, zwei Fahrräder, Giovanni und jede Menge Gepäck. Am Fahrrad ist es mir nie so aufgefallen, wie jetzt, wo es sich in unserer winzigen Bugnische rechts und links neben  uns türmt und uns bei jeder Krängung zu erschlagen droht. Unsere Koje traumatisiert mich ähnlich wie der Gedanke an lebendiges Begrabensein. Es ist so eng, dass wir zu zweit quer übereinander liegen. Dies wirkt unter diesen Umständen weder erotisch noch romantisch. Es ist heiss, ca. 35 Grad, weil die Luken wegen des Wellengangs geschlossen bleiben müssen und die Luftfeuchtigkeit ist enorm. Das bedeutet Schichtschlafen. An Deck gibt es unter Segel keinen Liege - oder entspannten Sitzplatz und das ist das einzige, was mir bei Seekrankheit helfen würde. Ich brauche Relingnähe, um meinem sehr ungestümen Magen den Freipass zu geben. Der Bug ist mit dem Beiboot belegt und das Heck will ich weder mit dem kettenrauchenden Kapitän, noch mit einem frisch gefischten, tobenden Barracuda teilen. In den ruhigen Stunden geniesse ich Gespräche mit dem dritten Passagier aus Katalonien, der auf dem Weg nach Mexico ist, um dort zu arbeiten. Seine ungestüme Art, zu sprechen und sein grandioser Wortschatz bereichern uns die Überfahrt. Dipo notiert eifrig seitenweise Schimpfwörter, die er unter der Rubrik "Como tratar mala la gente" abspeichert.

Eeendliiiich!!!LAND INNN SIIIICHT!!!!!

Wir erreichen nach fuenf Tagen das paradiesische Inselarchipel San Blas, bestehend aus hunderten kleiner Inseln mit viel Sand, Muscheln und Kokospalmen. Die Kunas, friedliche Ureinwohner, kommen mit Kanus ans Boot und preisen Fisch und die typischen Mulas, handgemachte Patchworkarbeiten an. Wir schwimmen, schnorcheln und geniessen ausgiebig dieses Paradies. Einige Jachten ankern um die Inseln herum und viele der Segler kennen sich seit Jahren, jagen und fischen gemeinsam. Jagen sage ich, weil es beim Fischen nicht immer friedlich zu und her geht. Unbeabsichtigt aber um Haaresbreite verfehlt mich der Harpunenpfeil, der eigentlich einer Krabbe zugedacht war. Der Schuss, der nach hinten losgeht, verfehlt mich und die Krabbe und so verspeisen wir als Trostpflaster einen frischen, köstlichen Barracuda. Nachts schwimmt uns noch eine 2,5 Meter lange Boa Constrictor entgegen und versucht, dem ihr nicht heimischen Salzwasser zu entrinnen, indem sie sich bei uns aufs Boot hangelt. Hier stösst sie nicht wirklich auf Applaus und sucht sich nach einigen unflätigen Schubbsversuchen unsererseits den rettenden Weg zu einer Insel, wo sie ebenso wenig auf Gegenliebe stösst und den Besuch mit dem Leben bezahlt.

Von Porvenir aus, der Hauptinsel von San Blas, segeln wir weiter an die Küste von Panama. Eine endlos erscheinende, verkotzte Überfahrt nimmt nach weiteren drei Tagen ein Ende, weil wir am erstbesten Dorf mit Zufahrtsweg abgesetzt zu werden wünschen.